Montag, 28. Oktober 2013

Thomas Filor Magdeburg : Bundesbank warnt vor zu hohen Immobilienpreisen


Während die Bundesbank vor zu hohen Immobilienpreisen warnt, zeichnet sich der nächste Schub ab: durch höhere Steuern
Die Bundesbank hat mit ihrer Warnung vor zu hohen Immobilienpreisen eine größere Debatte ausgelöst. Dass nach ihren Berechnungen Wohnungen in Großstädten wie Frankfurt, München oder Köln um bis zu 20 Prozent überteuert sind, könnte auch die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD beeinflussen: Schließlich propagierten vor allem die Sozialdemokraten im Wahlkampf eine Bremse für Mietpreise.

Einige Forscher widersprachen am Dienstag Befürchtungen vor einer Überhitzung des deutschen Immobilienmarktes. 'Wir erkennen keine Immobilienblase, keine flächendeckende Blase', sagte der Regensburger Professor Tobias Just bei der Vorstellung einer Studie, an der auch das arbeitgebernahe IW-Institut beteiligt war. Die Preise in einigen Großstädten hätten zwar deutlich angezogen, aber dies sei eine Reaktion auf Marktknappheiten, keine spekulative Übertreibung. Die gestiegenen Preise ließen sich aus ökonomischen Daten wie niedrigen Zinsen und steigenden Einkommen erklären. Die Bundesbank hatte dagegen davon gesprochen, die Preise lägen um bis zu 20 Prozent über dem Niveau, das mit ökonomischen Faktoren erklärbar sei.

Just und die anderen Forscher betonen, es gebe einen starken Unterschied zu Ländern wie Spanien, Irland und den USA, in denen zuletzt Immobilienblasen zu beobachten waren. Es habe über die vergangenen 20 Jahre in Deutschland viel weniger Preisschwankungen gegeben. Grund seien ein funktionierender Mietmarkt und eine solidere Immobilienfinanzierung. Konkret: Viele deutsche Wohnungs- und Hauskäufer haben mehr Eigenkapital als ihre Pendants in Spanien, Irland und den USA.

Die Bundesbank präzisierte am Dienstag ihre Bewertung der Situation. 'Mit Blick auf die Stabilität des Finanzsystems ist es wichtig, dass Banken jetzt nicht mit dem Strom schwimmen, sondern ihre Kreditvergabe verantwortungsvoll an die Situation anpassen', sagte Vorstand Andreas Dombret der Süddeutschen Zeitung. Das lässt sich durchaus als Warnung an die Banken auffassen. Denn wenn die Bundesbank konkret das Entstehen einer Blase befürchtet, kann sie den Geldhäusern vorschreiben, mehr Eigenkapital für ihre Immobilienkredite bereitzuhalten, was die Kreditvergabe dämpfen würde. Dombret betont, dass er aktuell noch kein Fehlverhalten sieht: Nach derzeitigen Erkenntnissen sei die Kreditvergabe verantwortungsvoll. Ein Sprecher ergänzte, im Vergleich zu anderen Ländern seien die Kreditvergabestandards der Banken in Deutschland als sehr vorsichtig anzusehen: 'Das Volumen der an private Haushalte ausgereichten Immobilienkredite hat seit 2010 nur moderat zugenommen.'

Die nächste Preiswelle am Immobilienmarkt steht womöglich bereits an. Denn was die Verteuerung der Immobilien zusätzlich befeuert, ist die Anhebung der Grunderwerbssteuer zum Jahreswechsel in gleich vier Bundesländern, und zwar um bis zu 1,5 Prozentpunkte. Wer sein Erspartes in ein Häuschen oder in eine Eigentumswohnung stecken will, muss ab 2014 in Berlin, Bremen und Schleswig-Holstein noch einmal viele hundert Euro mehr dafür hinblättern. Auch in Niedersachsen gilt der Dreh an der Steuerschraube als ausgemachte Sache. Damit kostet der Kauf einer 250000 Euro teuren Eigentumswohnung ab 1. Januar 2014 beispielsweise zwischen 1250 und 3750 Euro mehr als noch auf den letzten Metern dieses Jahres, wie der Baufinanzierungsvermittler Interhyp vorrechnet. Das dürfte so manchen kostenbewussten Kaufinteressenten weiter unter Druck setzen. Getreu dem Motto: Nur wer noch bis Silvester ein Objekt unter Dach und Fach kriegt, schafft es, sich wenigstens diese Extra-Ausgaben vom Hals zu halten. Bereits im August waren die Notarkosten um etwa 20 Prozent nach oben gezogen.

Nichts überstürzen, warnt aber Felix Schnellbacher vom Verband deutscher Pfandbriefbanken. Eine so große Investition wie ein Immobilienkauf dürfe nicht unter Zeitdruck geschehen. Warten koste nur Geld, ist dagegen Michael Goris überzeugt, Vorstandsvorsitzender der Münchner Interhyp. Sein Rat: Wer ein konkretes Objekt gefunden hat, sollte jetzt unterschreiben. Die Grunderwerbssteuer ist nicht zu vermeiden. Sie wird bei jedem Immobilienkauf fällig. Je nach Bundesland werden Häuslebauer aber unterschiedlich stark zur Kasse gebeten, Tendenz steigend. Bis 2006 lag der Steuersatz noch bundeseinheitlich bei 3,5 Prozent. Seither drehen die Länder an der Steuerschraube. Vergleichsweise günstig mit 3,5 Prozent des Kaufpreises kommt momentan noch weg, wer sich ein Objekt in Bayern zulegt. Das Saarland verlangt bereits 5,5 Prozent. Berlin wird von aktuell fünf auf sechs Prozent hoch gehen, Schleswig-Holstein erhöht von fünf auf den Höchstsatz von 6,5 Prozent.

Allein in Berlin habe sich die Steuerbelastung beim Immobilienkauf seit 2006 fast verdoppelt, beklagt Goris. Mit Maklerprovision und neuerdings höheren Notar- und Gerichtskosten macht das insgesamt 37500 Euro beim Erwerb einer Wohnung für 250000 Euro. Ob sich die Investition in Zeiten heiß gelaufener Preise einmal als Glücksgriff erweist, steht in den Sternen.Berrit Gräber, Alexander Hagelüken, Andrea Rexer



Quelle

Verlag Süddeutsche Zeitung

Datum Mittwoch, den 23. Oktober 2013

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